Zukunftsstadt Dresden: Vorbild für die Transformation von Gesellschaften

Seit 2015 begleitet plant values den Prozess und die Akteure rund um das Projekt Zukunftsstadt Dresden.

Dresden auf dem Weg zur Zukunftsstadt

In diesem Blog-Beitrag zeichnen wir die Entwicklung der „Zukunftsstadt Dresden“ nach und geben einen Gesamtüberblick über den Prozess. Wir zeigen, wie dieser sich in eine gesamtgesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit einfügt. Wir erklären, wie  plant values das Projekt Zukunftsstadt begleitet und geben einen Ausblick zu weiteren Schritten.

Dazu liefern wir Tipps zum Weiterlesen und verlinken die Projekte mit weiteren Hintergrundinfos.

In unserem Beitrag legen wir gezielt den Fokus auf die Rolle von Unternehmen. Denn von einem sind wir überzeugt: Eine Transformation der Stadtgesellschaft hin zur nachhaltigen Zukunftsfähigkeit funktioniert nur, wenn möglichst viele Akteure mitgedacht werden – explizit auch Akteure der Wirtschaft. Das umfasst öffentlichen Unternehmen über kleine und mittelständische Betriebe (KMU) sowie Konzerne bis hin zu Gründer*innen und Startups, die mitgenommen werden sollen.

Zukunftsstadt Dresden kurz erklärt

Das Projekt Zukunftsstadt ist ein Städtwettbewerb vom Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF):

„Bei dem Projekt geht es darum, Ideen und Visionen für die Zukunft Dresdens zu entwickeln und zu erproben. Ziel des Wettbewerbs ist es, gemeinsam mit Bürger*innen, Wissenschaft, lokaler Politik, Wirtschaft und Verwaltung eine ganzheitliche und nachhaltige Vision 2030+ für Dresden zu entwerfen, den Weg dorthin zu planen und in Form von Projekten umzusetzen. Die Umsetzung erfolgt in Reallaboren, also mit wissenschaftlicher Begleitung (Erprobungsbereiche im öffentlichen Raum). Durch erfolgreich angeschobene bzw. umgesetzte Projekte erlangt Dresden den Status einer „Zukunftsstadt“ mit Vorbildcharakter.“

Vorstellung der Zukunftsstadt auf Dresden.de

Dabei wurde bereits ein weiter Weg zurückgelegt. Hier ein kurzer Rückblick:

  • 2015 startete der bundesweite Aufruf, sich als Stadt, Kreis oder Gemeinde für eine nachhaltige Zukunft zu positionieren. Dresden war eine von 51 Bewerbenden deutschlandweit. In Beteiligungsworkshops für Bürger*innen wurde in dieser Startphase ein Zukunftsbild für Dresden 2030 erarbeitet.
  • 2016 wurden 23 Städte um detaillierte Konzepte gebeten, Dresden kam weiter und final in die Endauswahl. Die Ausarbeitung des Zukunftsbildes wurde fortgesetzt, u.a. mittels gezielter Einbindung von Unternehmen als wichtiger Teil der Stadtgesellschaft.
  • 2018 wird Dresden eine von acht Zukunftsstädten deutschlandweit und damit vom BMBF gefördert. Für die 8 Städte stehen über 10 Mio. EUR Förderung zur Verfügung.
  • Was über die Jahre mit enormer Beteiligung der Stadtgesellschaft vorangetrieben wurde, mündete 2019 in 8 Pilotprojekte, welche aktuell in der Umsetzung sind.
  • 2020 endet die erste Reihe von Pilotprojekten. Damit einher geht die Auswahl neuer Pilotprojekte, um weiterhin Innovation in Reallaboren zu testen.

In den innovativen Pilotprojekten gilt es, zukunftsfähige Konzepte und nachhaltige Innovationen zu erproben. Akteure der nachhaltigen Entwicklungen (Sustainable Change Agents) sollen Erfahrungen sammeln, sollen befähigt, ermutigt und unterstützt werden –  egal ob in Arbeitsgruppen, Vereinen oder Unternehmen der Stadt.

„Das „Projekt Zukunftsstadt Dresden“ entwickelte mit Dresdner*innen ein Nachhaltigkeitsbild, auf dessen Grundlage die Gründung von innovativen Bürger*innenprojekten angeregt wurde. In zahlreichen regelmäßigen Workshops wurden und werden die Bewohner*innen befähigt ihre eigenen nachhaltigen Projekte zu konzipieren und umzusetzen. Dabei erhalten sie von der Stadt eine engmaschige Beratung und finanzielle Unterstützung.“

Rico Schwibs, Projektleiter Zukunftsstadt Dresden 

Reallabor für nachhaltige Innovationen und eine gesunde und friedliche Stadtgesellschaft

Auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Stadtgesellschaft ist es von hoher Bedeutung, die verschiedenen Akteure der Stadt (Stakeholder) einzubinden. Dies passiert mittels offenen Beteiligungsformaten, z.B. Workshops zur Erarbeitung von Zukunftsbildern für Mobilität oder Arbeitswelten. Darüber hinaus wird jeden Monat mittels Projektwerkstätten der Austausch zur Umsetzung von Projektideen angeboten. 

Die ganzheitliche Nachhaltigkeit umfasst drei Dimensionen, neben der ökologischen und der ökonomischen auch die soziale bzw. gesellschaftliche. Durch die Beteiligung verschiedener Akteure treffen verschiedene Sichtweisen und Interessen aufeinander, die einerseits zu Konflikten führen, jedoch eine Weiterentwicklung von Ideen gleichfalls stark beflügeln.
Durch Beteiligungsverfahren wird ein gemeinsames Zukunftsbild ausgearbeitet, welches Orientierung gibt. Dazu lernen die Beteiligten das Lösen von Konflikten und das Integrieren verschiedener Sichtweisen. Dies sind zentrale Schlüsselfähigkeiten für das offene, friedliche und nachhaltige Miteinander im künftigen Dresden und wird in Zukunft der Stadtgesellschaft, öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen, Vereinen, der Stadtpolitik usw. zu Gute kommen.

Man könnte auch schreiben: Hierbei handelt es sich um einen gigantischen, stadt-weiten Stakeholderdialog mit der anschließenden Entwicklung einer gemeinsamen Vision.
Ebenso kann man festhalten, dass die Arbeit an einer nachhaltigen Stadtgesellschaft im Kern die Arbeit an der Lösung gesamtgesellschaftlicher Interessenkonflikte ist.

Nachhaltigkeit erleben, Innovationen erproben, Pilotprojekte verwirklichen

Neben den Beteiligungsprozessen hin zu einem visionären Zukunftsbild der Stadt Dresden im Jahr 2030 werden auch konkrete Ansätze erprobt. In Pilotprojekten wird in Dresden gezeigt, wie beispielsweise…

  • ein Stadtteil mittels cleverer Bepflanzung und Bildungsangeboten essbar wird
  • ein autofreie Innenstadt funktioniert
  • der Verbrauch von Neuwaren und Rohstoffen reduziert werden kann mittels einer Materialbörse, welche Austausch und Wiederverwertung ermöglicht
  • wie Lebensmittelverschwendung reduziert werden kann
  • wie sich Unternehmen nachhaltig transformieren können
  • (alle Projekte und deren Vorstellung auf zukunftsstadt-dresden.de )

Der große Vorteil ist, dass die scheinbar ferne Zukunft im Jahr 2030 und die utopische Vision einer nachhaltigen Stadtgesellschaft in konkrete Ansätze – im Hier und Heute – übersetzt werden. Menschen kommen ins Handeln. Sie denken aktiv über ihren Beitrag oder die Rolle ihrer Organisation nach und werden somit zum aktiven Gestaltenden der Zukunft. Die Akteure sammeln in den Pilotprojekten Erfahrung und Wissen rund um die nachhaltige Entwicklung, werden zu Expert*innen des Wandels. Sie können zum Vorbild für andere Menschen, Organisationen und Unternehmen werden. Im Idealfall entstehen Best Practice Ansätze und die beteiligen Personen bekommen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit. Damit wird die Grundlage gelegt, um den schier unendlichen Herausforderungen der Nachhaltigen Entwicklung zu begegnen. Die Akteure des Wandels bekommen Werkzeuge und Sicherheit im Umgang mit den Fragen der Nachhaltigkeit, welche sich im Laufe der nächsten Jahre jede*r in der Gesellschaft stellen muss.

Dies fügt sich gut ein in den Gesamtprozess, wenn man der Forschung um Transformationsprozessen folgt: Wenn Gesellschaften in Wandel kommen durch sogenannte Schockereignisse, z.B. Humanitäts- und Klimakrisen, entstehen Handlungsräume und Zeitfenster. Bisher stabile Gesellschaftssysteme öffnen sich für Veränderungen. Dann braucht es jene (nachhaltige) Innovationen, jene Erfahrungen und jene Expert*innen, die diesen Raum füllen und Antworten liefern auf die neu aufkommenden Fragen. Das ermöglicht, eine Fortentwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu schaffen.

Diese eigene Darstellung von plant values ist angelehnt an Geels und Schot „Multi-Level perspective on transitions“ (2007). Inspiriert wurde dies u.a. vom Beitrag im tjg am 15.März 2020 von Dr. Markus Egermann vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), welche den Prozess der Zukunftsstadt Dresden ebenfalls begleiten. Daran angelehnt  haben wir in der plant values academy vom 16.04.2020 ausführlicher gesamtgesellschaftliche Transformationsansätze erklärt. Hier haben wir aufgezeigt, warum Experimentierräume und die Ausbildung von neuen Expert*innen sowie die Erfahrungen solcher Reallabors sowie die Erprobung von Innovationen wichtig sind für eine nachhaltigen Entwicklung. Mehr dazu in unserem Blogbeitrag zur academy.

plant values begleitet Transformationsprozesse

Teammitglieder von plant values beim Beteiligungsworkshop der Zukunftsstadt Dresden im Jahr 2015
Teammitglieder von plant values beim Beteiligungsworkshop der Zukunftsstadt Dresden im Jahr 2015

Das Team von plant values führte in der ersten Phase im Jahr 2015 rund ¼ aller Beteiligungsformate durch und hatte damit maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Zukunftsbildes. In der nächsten Phase im Jahr 2017 ging es um die Weiterentwicklung dieses Bildes, u.a. um die Perspektive von  Unternehmen. Dazu führte plant values Interviews mit Vertreter*innen der Wirtschaft und konnte somit in Rückkopplung auch Impulse aus dem Zukunftsstadtprojekt zurück in Dresdens Unternehmen geben.

Das Ergebnis des Prozesse stellt ein umfassendes, detailliertes Zukunftsbild von Dresden, wie die Stadt im Jahr 2030 aussehen soll, dar: Geprägt von einem respektvollen, nachbarschaftlichen Miteinander entwickelt sich eine resiliente Stadtgesellschaft, welche ihre Entwicklung an den globalen Nachhaltigskeitszielen (SDG) der United Nations orientiert. Damit passt sich Dresden in die Anforderung des BMBF ein, Vorbildcharakter für nachhaltige Stadtentwicklung zu sein. 

Seit 2019 läuft die Umsetzung der Pilotprojekte. Dabei begleitet plant values als Partner vom sukuma arts e.V. die Transformation von Dresdner Unternehmen. Zunächst wird mit dem tjg Dresden („theater junge generation“) gearbeitet und ein nachhaltiger Theaterbetrieb der Zukunft erprobt. In Folge können die Erfahrungen und das gewonnene Wissen genutzt werden, das Schauspielhaus dauerhaft nachhaltig und zukunftsfähig auszurichten.

Teamfoto vom Auftakt im tjg Dresden
Auftaktveranstaltung im tjg Dresden zum Jahresbeginn 2020: Dabei waren Vertreter*innen von sukuma arts e.V. (Projektleitung), TU Dresden (Beforschung) sowie Toni Kiel und Steve Grundig von plant values

Ein nächstes Pilotprojekt wird ab Herbst 2020 mit einem weiteren Akteur der Stadtgesellschaft, der Stadtentwässerung Dresden GmbH, erfolgen. Auch hier sollen nachhaltige Unternehmensprozesse bereits heute erlernt und erlebbar gemacht werden, um damit eine nachhaltige Unternehmensentwicklung zu bestärken.

Welche Schritte dafür im Einzelnen gemeinsamen entwickelt und gemeinsam mit den jeweiligen Belegschaften gegangen werden, wird im Blog zu dem Zukunftsstadt-Pilotprojekt anschaulich dokumentiert.

plant values ist überzeugt, dass schlussendlich Nachhaltigkeit als zentraler Kern in den jeweiligen Unternehmen und Organisationen zu verankern ist. Ebenso sollte sich die Unternehmensentwicklung an einem Leitbild der Nachhaltigkeit orientieren. Das kann bspw. vom Zukunftsbild für ein Dresden im Jahr 2030 inspiriert sein.
Schlussendlich ist die Herausforderung, dass jede Organisation eine auf sie individuell zugeschnittene Strategie finden muss, um zur nachhaltigen Entwicklung der Stadtgesellschaft beizutragen.

Unternehmerische Nachhaltigkeit erproben, etablieren und (weiter)entwickeln

Der Ansatz, bestehende Unternehmen hin zum nachhaltigen Wirtschaften zu transformieren, wird flankiert von dem Ansatz neue Initiativen und neue Unternehmen, z.B. als Social Startups oder grünen Gründungen, zu etablieren. Haben sich in der Phase der Pilotprojekte Ideen als praktikabel erwiesen, kann ein Weg sein, daraus ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Damit kann die Idee weiterwachsen und dauerhaft wirken.  In dieser Phase kommen neue Herausforderungen auf die Zukunftsstadtpioniere zu: Wie generiere ich Einnahmen, um weiter in meine Idee zu investieren, welche Ausgaben sind zu kalkulieren? Welche Kund*innen spreche ich wo mit welchen Botschaften an? Welche Rechtsform passt zu dem Vorhaben? Wie kann ich meine Organisation auch nach innen nachhaltig und sozial-verträglich konzipieren? Diese Prozesse unterstützt und begleitet plant values mittels Vorgründungsberatung und Coaching in der Aufbauphase und nach der Gründung.

Dabei können Pilotprojekte ganz im Sinne eines Green Business oder Social Business gedacht werden. Die positiven ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen werden verstetigt, indem unternehmerisch gehandelt wird. Das heißt, es wird ein Geschäftsmodell entwickelt, welches gleichzeitig positiv auf Gesellschaft und Umwelt wirkt, dabei entstehende Aufwände (für Personal, Material usw.) dennoch selbst erwirtschaftet.

Grüne Gründungen, Social Startups und nachhaltige Geschäftsideen komplettieren die Unternehmenslandschaft in Dresden. Sie stellen ein weiteres wichtiges Puzzleteil hin zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung dar.

Aktuelle Entwicklung und weitere Ausblick

Momentan läuft die Bewerbung und die Auswahl weiterer Pilotprojekte, welche anschließend umgesetzt werden dürfen. Zum jetzigen Zeitpunkt (Mai 2020) besteht eine gewisse Unsicherheit, wie es mit Dresdner Haushaltssperre und der Entwicklung der Corona-Krise weitergeht. Dennoch bleiben die Akteure und Projektpartner aktiv und treiben die nachhaltige Stadtentwicklung voran. Ebenso gibt es weiterhin Angebote zum Austausch. Auch lohnt sich ein Blick auf die Website Zukunftsstadt Dresden oder auf twitter, wo regelmäßige Updates erfolgen: https://twitter.com/zukunftsstadtdd

Wir hoffen, mit diesem Blogbeitrag konnten wir direkt noch mehr Menschen und Organisationen inspirieren, interessieren und motivieren, gemeinsam den Weg zur Zukunftsstadt Dresden zu gehen.

Weiterführende Links:

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plant values begleitet Startups und Unternehmen für eine nachhaltige Transformation

plant values: Wir unterstützen öffentliche Institutionen und etablierte Unternehmen bei der nachhaltigen Transformation ihrer Geschäftsmodelle und begleiten Grüne und Social Startups und Jungunternehmen beim Aufbau eines ganzheitlich nachhaltigen Unternehmens. Unser Ansatz ist es, unsere Partner zu befähigen eine eigenständige, kontinuierliche Transformation zu vollziehen bzw. dauerhaft nachhaltiges Wirtschaften zu etablieren. 

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