Die Europäische Union ist weltweit der zweitgrößte Exporteur und der drittgrößte Importeur von Waren. Nach einem temporären Rückgang durch die Corona-Pandemie nimmt die absolute Menge des globalen Handels und auch die Komplexität der Lieferketten wieder zu. Die Lieferketten europäischer Unternehmen haben eine signifikante Bedeutung für die Weltwirtschaft und damit auch für die nachhaltige Entwicklung entlang dieser Wertschöpfungsketten. Um allen Marktteilnehmer*innen mit der damit einhergehenden Verantwortung die gleichen Rahmenbedingungen zu geben, nimmt die Lieferkettengesetzgebung für EU- und Nicht-EU-Unternehmen kontinuierlich zu. Auch der Mittelstand muss sich somit zunehmend mit den Lieferkettengesetzen und deren Anwendung beschäftigen. Für deutsche Unternehmen ist dabei insbesondere das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), die Verordnung zur entwaldungsfreien Lieferkette (EUDR) und das geplante europäische Lieferkettengesetz (CSDDD) von Interesse.

Inhalt

Einführung in die Lieferketten-Regulierung

Anhand der Fragen, welche uns regelmäßig in Beratungsprojekten gestellt werden, leiten sich 3 Lieferkettengesetzgebungen ab, welche insbesondere auch für den Mittelstand relevant sind.

  • LkSG, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Das zum 01.01.2023 in Kraft getretene Gesetz regelt erstmalig in Deutschland für große Unternehmen den Umgang und die Berichterstattung zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Es betrifft mittelständige Unternehmen häufig indirekt, wenn diese Geschäftspartner eines großen Unternehmens sind.
  • CSDDD, Corporate Sustainability Due Diligence Directive: Das europäische Lieferkettengesetz befindet sich noch in der finalen Entscheidungsphase und wird voraussichtlich ab 2026 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf hat die selbe Grundrichtung wie das deutsche Pendant, enthält aber weitergehende Vorgaben in Bezug auf die Betrachtungstiefe und die zivielrechtliche Haftung. Wenn sich der aktuelle Anwendungsvorschlag der EU-Mitgliedsstaaten durchsetzt, wird das europäische Gesetz Unternehmen ab 1000 Mitarbeitende und 450 Mio. € Nettoumsatz verpflichten.
  • EUDR, EU Deforestation Regulation: Die Verordnung zur entwaldungsfreien Lieferkette ist seit 15.06.23 in Kraft. Sie regelt verbindliche Sorgfaltspflichten für Produzenten, Hersteller, Verarbeiter und Händler von festgelegten Waren und Produkten (z.B. Palmöl, Rinder, Holz, Kaffee). Abhängig von der Größe eines Unternehmens gilt eine Übergangszeit bis Dezember 2024 bzw. Juni 2025. Da die Verordnung die Lieferketten bestimmter Waren und Produkte in den Fokus setzt und nicht die Größe von Unternehmen, können mittelständische Unternehmen direkt betroffen sein.

Im Folgenden wird insbesondere auf das deutsche und das europäische Lieferkettengesetz eingegangen. Für weitere Informationen zur Verordnung für eine entwaldungsfreie Lieferkette empfehlen wir folgende Quellen:

Tipps für den Mittelstand zum deutschen Lieferkettengesetz LkSG

Das deutsche Lieferkettengesetz verpflichtet große Unternehmen (ab 2023: mindestens 3.000 Mitarbeitende im Inland, ab 2024: mindestens 1.000 Mitarbeitende im Inland) diverse menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltsthemen zu analysieren, Risiken zu bekämpfen und transparent zu berichten. Unternehmen des Mittelstands werden nicht direkt von den Vorgaben des Lieferkettengesetzes getroffen, immer häufiger jedoch indirekt. Hintergrund ist, dass die Unternehmen zu den unmittelbaren Geschäftspartnern eines vom LkSG betroffenen Unternehmens gehören. Um nicht von Anfragen, Fragebögen und Vorgaben großer Geschäftspartner überrascht zu werden und viele interne Ressourcen für die Bearbeitung immer neuer Anfragen zu investieren, empfehlen wir folgende Schritte für ein proaktives Vorgehen.

6 Schritte für Unternehmen, die indirekt vom Lieferkettengesetz LkSG betroffen sind

  • Schritt 1a: Prüfen Sie, ob menschenrechte- und umweltbezogene Risiken in Ihrer Geschäftstätigkeit (inklusive Ihrer Lieferketten) eine Rolle spielen. Zur Identifikation können Ihnen die kostenfreien Tools KMU-Sorgfalts-Kompass und CSR-Risk-Check sowie die kostenfreien Beratungsangebote des NAP Helpdesk helfen.
  • Schritt 1b: Betrachten Sie Ihre gesamte Kund*innenbasis und identifizieren Sie alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten im Inland.
  • Schritt 2: Sortieren Sie die Unternehmen in zwei Gruppen: A) mehr als 3.000 Beschäftige und B) weniger als 3.000 Beschäftigte.
  • Schritt 3: Klären Sie intern, ob von einzelnen Unternehmen aus der Gruppe bereits detaillierte Fragebögen oder Anfragen zu Standard-Ratings mit Bezug zum Lieferkettengesetz eingegangen sind. Wenn ja, führen Sie die Informationen in einem “Datenraum” zusammen.
  • Schritt 4: Suchen Sie proaktiv mit allen Unternehmen der Gruppe A) das Gespräch und zeigen Sie den “Datenraum” um abzugleichen, ob diese Informationen für die Unternehmen ebenfalls ausreichend sind. Wenn nicht, lassen Sie sich die Fragebögen, Standardsoftwares und Rating-Systeme der Unternehmen zeigen und versuchen Sie den einen Weg zu identifizieren, welcher für alle ausreichend sein kann. Dies ist in der Regel der umfangreichste Fragebogen. Vorteil ist jedoch, dass dieser dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für alle zukünftigen Anfragen ausreichend ist oder zumindest als schnelle Basis das Befüllen anderer Tools ermöglicht.
  • Schritt 5: Gehen Sie mit dem Ergebnis aus Schritt 4 auf alle Unternehmen der Gruppe B) proaktiv zu, um auch hier einen Abgleich durchzuführen.
  • Schritt 6: Wenn kein oder nur wenige Unternehmen der Gruppen A) und B) auf ein Gespräch eingehen oder sich kein zufriedenstellendes Ergebnis ergibt, empfehlen wir einen “Datenraum” mit den Antworten zum Standardfragebogen des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) zu erstellen.

Hinweise für KMUs als Zulieferer bei Anfragen durch LkSG-pflichtige Unternehmen

  • Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontroll (BAFA) legt in seinem FAQ zum LkSG unter “XVII. Auswirkungen des Gesetzes für kleine und mittlere Unternehmen” dar, wann und in welchem Umfang KMU zur Abgabe von Informationen aufgefordert werden können.
  • Wenn ein KMU durch ein LkSG-pflichtigen Unternehmen der Gruppe der “stark risikogeneigten Zulieferer” eingeordnet wird, folgt daraus, dass weitergehende Informationen eingefordert werden müssen. In diesem Fall bietet es sich an, mit Hilfe des KMU-Sorgfalts-Kompass die notwendigen Lieferketten-Risiken und Informationen zu erarbeiten.

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Michael Jenkner
Themenbereiche Nachhaltigkeitsstrategie und -berichterstattung

Tipps für den Mittelstand zum europäischen Lieferkettengesetz CSDDD

Der Kompromisstext der EU-Mitlgiedsstaaten zum europäischen Lieferkettengesetzes (CSDDD) seht die Anwendung für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und 450 Mio. € Nettoumsatz vor. Die in vergangenen Entwürfen des EU-Parlaments diskutierten Grenzen von 250 Mitarbeitenden und 40 Mio. € Nettoumsatz, hätten auch mittelständige Unternehmen eingeschlossen. Auf Grund der Einigung der EU-Mitgliedsstaaten kann jedoch angenommen werden, dass diese Anwendungsgrenzen nicht zum Tragen kommen.

Auch wenn die finale Entscheidung auf EU-Ebene (Zustimmung durch EU-Rat, EU-Kommission und EU-Parlament) noch aussteht, gehen wir in den nachfolgenden Ausführungen davon aus, dass mittelständische Unternehmen nicht direkt durch das Gesetz betroffen sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die CSDDD-Vorgaben indirekt für mittelständige Unternehmen als Teil der Wertschöpfungskette von CSDDD-pflichtigen Unternehmen Anwendung finden. Wir empfehlen die folgenden vorbereitenden Schritte, welche das Ziel haben interne Kompetenzen zu schaffen.

Schritte für Unternehmen, die indirekt vom Lieferkettengesetz CSDDD betroffen sind

  • Für Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden oder weniger als 450 Mio. € Nettoumsatz:
    • Hierfür empfehlen wir die gleiche Schrittabfolge wie für das deutsche Lieferkettengesetz, nur das in Schritt 2 sowohl Kund*innen als auch Lieferanten betrachtet werden. Hintergrund ist, dass die CSDDD im Unterschied zum deutschen LkSG eine Betrachtung der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette vorsieht. Informationsanfragen können demnach sowohl von Kund*innen als auch Lieferanten kommen.

LkSG und CSDDD im Überblick

KategorieLkSG – Deutsches LieferkettengesetzCSDDD – Europäisches Lieferkettengesetz

Wann sind die Vorgaben in Kraft getreten?

> Am 01.01.2023 ist das LkSG (Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten) in Kraft getreten

> Das europäische Lieferkettengesetz (CSDDD, Corporate Sustainability Due Diligence Directive) ist noch nicht in Kraft getreten

> Es befindet sich noch in den Trilogverhandlungen von Kommission, Parlament und Europäischem Rat und ein Inkrafttreten wird zum 01.01.2026 erwartet
Welcher primäre Zweck wird mit den Vorgaben verfolgt?> Schaffung von Regelungen für die unternehmerische Verantwortung zur Einhaltung der Menschenrechte und umweltbezogener Sorgfaltspflichten in globalen Lieferketten

> Insbesondere Betrachtung der unmittelbaren Geschäftsbeziehungen in der vorgelagerten Wertschöpfung (=Upstream-Lieferkette)
> Selber Grundgedanke wie im deutschen Lieferkettengesetz: Schaffung von Regelungen für menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten

> Die Entwürfe sehen einen erweiterten Betrachtungshorizont vor, welcher sowohl die vor- als auch die nachgelagerte Wertschöpfung in den Blick nimmt und neben den unmittelbaren, auch die mittelbaren Geschäftsbeziehungen
Für wen gelten die Vorgaben?> Unternehmen, ungeachtet ihrer Rechtsform, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben
 
> Ab 2023 für Unternhemen mit mindestens 3.000 Mitarbeitenden im Inland
 
> Ab 2024 für Unternhemen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden im Inland
>Die Positionen zum Anwendungsbereich unterscheiden zwischen EU-Kommission Europäischem Rat und EU-Parlament

> Die Position des Rates sieht eine generelle Anwendung auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und mehr als 450 Mio. € Nettoumsatz vor

> Der Entwurf der Kommission sieht eine generelle Anwendung auf Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mehr als 150 Mio. € Nettoumsatz vor sowie in ausgewählten Risikosektoren eine Anwendung ab 250 Beschäftigten und 40 Mio. € Nettoumsatz

> Die Position des Parlaments sieht eine generelle Anwendung auf Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und mehr als 40 Mio. € Umsatz vor
Welche Inhalte umfassen die Vorgaben?> Regelungen zu den Sorgfaltspflichten von Unternehmen für ihre vorgelagerte Lieferkette, insbesondere zu betriebsinternen Zusändigkeiten, Anforderungen und Implementierung eines Risikomanagementsystems, Vorgaben für regelmäßige Risikoanalysen und einen Beschwerdemechanismus, der Verankerung von präventiven und reaktiven Maßnahmen sowie deren Dokumentation

> Vorgaben für Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten
> Wie im deutschen Lieferkettengesetz gibt es diverse Regelungen zu menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten

> Die Entwürfe und Positionen der EU-Organe schaffen eine klarere Verbindung zum im Pariser Klimaabkommen geregelten 1,5-Grad-Ziel und formulieren Vorgaben für eine 1,5-Grad-konforme Wertschöpfungskette (vor- und nachgelagerte Wertschöpfung) von Unternehmen

> Die Entwürfe sehen im Gegensatz zum deutschen Lieferkettengesetz eine zivilrechtliche Haftung bei Sorgfaltspflichtverletzungen entlang der Wertschöpfungskette vor
Hilfsmittel und Links
> Gesetzestext des LkSG [Link]

> Informationsseite des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) zum LkSG mit diversen Lietfäden zu Risikoanalyse, Beschwerdemechanismus, etc. [Link]

> Fragenkatalog für einen ordnungsgemäßen bericht zum LkSG [Link]

> Kostenfreies Beratungsangebot des NAP Helpdesk zu Umwelt- und Sozialfragen in der Lieferkette [Link]

> Online-Tool um als Unternehmen des Mittelstandes Schritt für Schritt eine Risikoanalyse wie im Lieferkettengesetz gefordert umzusetzen [Link]

> Online-Tool für die schnelle Recherche zu Umwelt- und Sozialrisiken in Verbindung mit Produkten/Dienstleistungen sowie ersten Handlungsempfehlungen [Link]
> Gegenüberstellung der Entwürfe der Kommission und des Parlaments in deutscher Sprache [Link]

> Position des Europäischen Rates zum CSDDD-Entwurf [Link]

> Factsheet des Büro des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) zum europäischen Lieferkettengesetz [Link]

Stand zum Zeitpunkt des ArtikelsGesetz ist in Kraft und seit 01.01.2023 in AnwendungRichtlinienentwurf der Europäischen Kommission liegt vor (Veröffentlichung: 23.02.2022), Positionen des Europäischen Rates (Veröffentlichung 13.03.2024) und des Europäischen Parlaments zum Entwurf liegen ebenfalls vor (Veröffentlichung am 01.06.2023) und Trilog-Verhandlungen haben begonnen
Tabelle: Überblick zu CSRD und EU Taxonomie

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