Anwendung der Berichtspflichten für Nachhaltigkeit im Mittelstand

Die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts werden für viele Unternehmen, deren Stakeholder und die interessierte Öffentlichkeit als ein Jahrzehnt für mehr Transparenz zur unternehmerischen Nachhaltigkeit in Erinnerung bleiben. Die neuen europäischen Regelungen für die Berichtspflichten nehmen auch Unternehmen des Mittelstandes in die Pflicht. Die Verordnungen mit ihren mehr als 200-seitigen Anhängen können schnell überfordernd wirken. Wir möchten mit einigen Hinweisen den Einstieg erleichtern und dafür werben, die neue Regulatorik als Chance zu sehen. Als Chance nach einheitlichen Standards zu zeigen, wie weit viele Unternehmen des Mittelstandes bezüglich Nachhaltigkeitsaspekten bereits sind. Als Chance den Prozess der Berichtspflicht für die Entwicklung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie zu nutzen.

Hinweis: Alle nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich auf den am Ende der Übersichtstabelle dargelegt Rechtsstand.

Inhalt

Einführung in die NFRD, CSRD und EU Taxonomie

Wenige hundert Unternehmen in Deutschland unterliegen nach aktueller Gesetzgebung der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das Anwenderwachstum des Deutschen Nachhaltigkeitskodex zeigt jedoch eindrucksvoll, dass viele weitere hunderte Unternehmen, insbesondere aus dem Mittelstand, freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Zum besseren Verständnis der neuen Berichtspflichten für Nachhaltigkeit im Mittelstand grenzen wir nachfolgend die alten Regelungen (NFRD) und die neuen Vorgaben mit CSRD und Taxonomie voneinander ab.

  • NFRD, Non-Financial Reporting Directive: Die im Jahr 2017 ins deutsche HGB überführte EU-Verordnung regelte erstmalig die verpflichtende nichtfinanzielle Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen. Die Verpflichtung trifft nur ein sehr eingeschränktes Feld großer, kapitalmarktorientierter Unternehmen sowie Banken und Versicherungsgesellschaften.
  • CSRD, Corporate Sustainability Reporting Directive: Die CSRD ist im Januar 2023 in Kraft getreten und wird bis Juli 2024 in das deutsche HGB überführt. Sie ersetzt dort die Vorschriften der NFRD. Die CSRD erweitert die Berichtspflichten für Nachhaltigkeit auch auf Unternehmen des Mittelstandes. Es gibt einen stufenweisen Einführungsprozess, welcher mit ausführlichen Zusatzinformationen in der Übersichtstabelle dargestellt ist. Berichtspflichten für Nachhaltigkeit können für Unternehmen des Mittelstandes sowohl direkt als auch indirekt entstehen. Unsere Empfehlungen und Tipps hierzu beschreiben wir im nachfolgenden Abschnitt.
    Mit der CSRD kommen 3 verschiedene Berichtsstandards (Links und Informationen in der Übersichtstabelle):
    • Die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) stellen den Berichtsstandard für alle großen, berichtspflichtigen Unternehmen dar.
    • Die LSME-ESRS (Listed Small & Medium Enterprises – ESRS) stellen den Berichtsstandard für alle kapitalmarktorientierten, kleinen und mittleren Unternehmen dar.
    • Die VSME-ESRS (Voluntary Sustainability Reporting Standard for Non-Listed Small & Medium Enterprises) stellen einen Berichtsstandard für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung durch kleine und mittlere Unternehmen dar.
  • EU Taxonomie: Die EU Taxonomie ist im Januar 2022 in Kraft getreten und befindet sich aktuell in einem stufenweisen Einführungsprozess, welcher mit ausführlichen Zusatzinformationen in der Übersichtstabelle dargestellt ist. Die Taxonomie schafft ein einheitliches Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Auch hier gilt, dass Unternehmen des Mittelstandes einer direkten aber auch indirekten Berichtspflichten zu Themen der Nachhaltigkeit unterliegen können. Unsere Empfehlungen und Tipps hierzu beschreiben wir im nachfolgenden Abschnitt.

Tipps für den Mittelstand zu den CSRD-Berichtspflichten für Nachhaltigkeit

Unternehmen des Mittelstandes können sowohl direkt als auch indirekt von den CSRD-Berichtspflichten für Nachhaltigkeit betroffen sein. Die direkte Berichtspflicht resultiert aus den Größenkennzahlen. Überschreitet ein Unternehmen 2 von 3 Kriterien (25 Mio. € Bilanzsumme, 50 Mio. € Umsatz, 250 Mitarbeitende), muss es seinen Lagebericht ab dem Jahr 2026 um Nachhaltigkeitsinformationen für das Berichtsjahr 2025 ergänzen. Die Verpflichtung verschiebt sich um ein Jahr nach vorn, wenn für das Unternehmen bereits die NFRD anzuwenden ist und um ein Jahr nach hinten, wenn das Unternehmen die Größenkriterien unterschreitet, aber kapitalmarktorientiert ist (siehe Übersichtstabelle). Die indirekte Berichtspflicht resultiert aus den Anforderungen von Geschäftspartnern. Diese entstehen, wenn ein Geschäftspartner selbst CSRD-Berichtspflichtig ist und die Informationen für seine Betrachtung der Wertschöpfungskette benötigt. Alternativ kann es auch vorkommen, dass Geschäftspartner wie Banken auf Grund anderer Regulierung auf die Datenpunkte der CSRD angewiesen sind. Es verhält sich demnach ähnlich wie mit den indirekten Pflichten für mittelständige Unternehmen im Rahmen der Lieferketten-Gesetzgebung (weitere Informationen finden Sie hier). Nachfolgend werden einige Schritte erläutert um sich der direkten und indirekten Pflicht zu nähern.

8 Schritte für Unternehmen des Mittelstandes hin zur CSRD-Berichtspflicht

Ziel der nachfolgenden Schritte ist es, das Jahr 2024 als Lernjahr zu nutzen, um Kompetenzen zu erlangen und vorgegebene Methoden der CSRD zu erproben. Des Weiteren dienen die ersten Schritte dazu den tatsächlichen Bedarf nach externer Unterstützung zu identifizieren. Zum Ende des Lernjahres erfolgt dann die Entwicklung der langfristigen, organisatorischen Verankerung passend zur eigenen Organisationsstruktur.

  • Schritt 1: Der Beginn des Lernjahres (Jahr 2024) mit dem Testberichtsjahr 2023. Wir empfehlen die Bildung von mindestens 3 Arbeitsteams zu den Themen Umwelt, Soziales und Governance.
  • Schritt 2: Jedes Arbeitsteam arbeitet sich überblicksartig in die jeweiligen ESRS-Vorgaben (European Sustainability Reporting Standards) ein. Alle Teams in die ESRS 1 und 2. Das Umweltteam in die ESRS E1-5, die Zuständigen für Soziales in die ESRS S1 – 4 und die Governanceverantwortlichen in ESRS G1.
  • Schritt 3: Der Wissensstand in allen Arbeitsteams wird evaluiert. Dies kann mit einer Kurzumfrage anhand der Unterthemen der ESRS erfolgen oder auch in einem kleinen Workshop mit einem Kompetenz-Mapping. Die Evaluierung dient dazu Weiterbildungsbedarfe und den gezielten Bedarf nach externer Unterstützung zu identifizieren.
  • Schritt 4: Für das Lernjahr werden Analysegrenzen definiert, bspw. “Wir üben uns in einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse entlang der gesamten Wertschöpfungskette unserer 2 Kerngeschäftsfelder / Hauptprodukte. Wir beschränken uns dabei zuerst auf die Vorgaben aus den ESRS E1 (Klimaschutz und Klimawandel), S1 (Eigene Beschäftigte), S2 (Beschäftigte in der Wertschöpfung) und G1 (Governance).”. Die Grenzen werden gesetzt, um das Erproben der durch die Berichtsstandards vorgegebenen Methoden in den Fokus zu rücken.
  • Schritt 5: Das Team führt eine erste Wesentlichkeitsanalyse inklusive der notwendigen Datenerhebungen in den definierten Analysegrenzen durch.
  • Schritt 6: Alle Arbeitsteams erstellen gemeinsam eine umfangreiche Lessons Learned Übersicht (bspw. auf einem digitalen Whiteboard). Auf Basis der Übersicht werden die Prozesse und Vorgehensweisen abgeleitet, welche für eine langfristige Erfüllung der CSRD-Vorgaben ohne regelmäßige externe Unterstützung notwendig sind.
  • Schritt 7: Die organisatorische Verankerung inklusive der Verantwortlichkeiten wird festlegt (bspw. Festlegung einer/eines Head of Sustainability, Verantwortlichkeiten in allen Bereichen – Einkauf, Controlling etc., Prozess der Daten und Inhaltszusammenführung).
  • Schritt 8: Es beginnt das zweite Lernjahr (Jahr 2025) mit dem Testberichtsjahr 2024. In diesem Jahr wird dann erstmalig der Gesamtprozess für die CSRD erprobt.

Mit den Schritten 1 bis 8 können die Jahre 2024 und 2025 als Lernjahre genutzt werden, um dann im Jahr 2026 ohne Mehraufwand die CSRD-Pflichten zu erfüllen. Ein Vorbereitungsprozess über 2 Jahre erscheint lang, jedoch hat sich in unserer Projektpraxis gezeigt, dass dieser Weg die personellen Unternehmensressourcen weniger stark beansprucht.

In weiterführende Blogbeiträgen werden wir in den kommenden Monaten Schritt für Schritt vertiefend auf die inhaltlichen Vorgaben der CSRD eingehen.

Methoden und Best Practice zu Nachhaltigkeit ins Postfach

5 Schritte für nicht-CSRD-pflichtige Unternehmen hin zur indirekten Berichtspflicht

Als Unternehmen des Mittelstandes kann es auch zu einer indirekten Berichtspflicht zu Nachhaltigkeit über Geschäftspartner kommen. Dies kann bspw. dann der Fall sein, wenn CSRD-Pflichtige Unternehmen zu den eigenen Kund*innen gehören. Die nachfolgenden Schritte sollen dabei helfen, frühzeitig die indirekten Berichtspflichten zu erkennen.

  • Schritt 1: Es bildet sich ein internes Arbeitsteam, welches aus nachhaltigkeitsinteressierten Mitarbeitenden und Beschäftigten aus den kund*innennahen Bereichen besteht.
  • Schritt 2: Die bestehende Kund*innenbasis wird nach Unternehmen durchsucht, welche mindestens 2 der 3 Kriterien erfüllen: mehr als 250 Mitarbeitende, mehr als 50 Mio. € Umsatz, mehr als 25 Mio.€ Bilanzsumme. Alle sich ergebenden Kund*innen werden nach der Relevanz für den Jahresumsatz sortiert.
  • Schritt 3: Vertreter*innen des Arbeitsteams gehen proaktiv in den Dialog mit den am höchsten gerankten Kund*innen aus Schritt 2. Ziel des Dialogs ist es zu erfahren, welche Anforderungen die Geschäftspartner auf Grund ihrer CSRD-Pflicht an das eigene Unternehmen stellen.
  • Schritt 4: (Dieser Schritt ist nur notwendig wenn eine Form von Außenfinanzierung, z.B. durch Kreditbanken, Investoren, etc. genutzt wird.) In diesem Fall sollte auch mit den Kapitalgebern proaktiv der Dialog gesucht werden. Hintergrund ist, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit alle unter regulatorische Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung fallen.
  • Schritt 5: Wenn keine zufriedenstellenden Informationen zu externen Anforderungen zu Stande kommen, aber in Schritt 2 Kund*innen bzw. in Schritt 4 Kapitalgeber identifiziert wurden, dann empfiehlt es sich mit der Schaffung eines Datenraums zu beginnen. Wir empfehlen einen Datenraum nach der Struktur der ESRS für kapitalmarktorientierte, kleine und mittlere Unternehmen (LSME-ESRS) anzulegen.

Warum orientiert sich die Empfehlung für die Datensammlung nicht-berichtspflichtiger mittelständiger Unternehmen an der Standards für kapitalmarktorientierte, berichtspflichte Mittelständler? (Nachfolgend blicken wir aus der Sicht eines berichtspflichtigen Unternehmens auf nicht-berichtpflichtige KMU in der Wertschöpfungskette dieses Unternehmens.)

  • Alle allgemeinen Basisinformationen für berichtspflichtige Unternehmen sind im Standard ESRS 1 geregelt. In diesem sind auch die Vorgaben für Informationen durch KMU in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette festgelegt.
  • In den ersten 3 Jahren einer Berichtspflicht muss das pflichtige Unternehmen von den KMU der Wertschöpfungskette noch keine Informationen einfordern. Das pflichtige Unternehmen kann sich “auf intern verfügbare Informationen, wie Daten, die dem Unternehmen bereits vorliegen, und öffentlich zugängliche Informationen beschränken” (gemäß ESRS 1, 10.2, Randnummer 133).
  • Ab dem 4. Jahr der Berichtspflicht muss das pflichtige Unternehmen Informationen von KMU eingeholen, wenn diese ein wesentlicher Bestandteil der Wertschöpfungskette sind. Der Umfang der einzuholenden Informationen ist jedoch auf den Berichtsstandard für kapitalmarktorientierte, kleine und mittlere Unternehmen (LSME-ESRS) begrenzt. In ESRS 1, 10.2, Randummer 135 heißt es dazu “In diesem Zusammenhang gehen die nach dem ESRS erforderlichen Informationen, die von KMU in der vor- und/oder nachgelagerten Wertschöpfungskette des Unternehmens eingeholt werden müssen, nicht über den Inhalt des künftigen ESRS für börsennotierte KMU hinaus.”.

Tipps für den Mittelstand zu den Taxonomie-Berichtspflichten für Nachhaltigkeit

Wie bei den CSRD-Berichtspflichten kann sich auch bei der EU Taxonomie eine direkte und eine indirekte Berichtspflicht ergeben. Die direkte Verpflichtung ergibt sich, wenn ein Unternehmen des Mittelstandes unter die Berichtspflichten für Nachhaltigkeit auf Grundlage der CSRD fällt (siehe Übersichtstabelle). Die indirekte Berichtspflicht ist zu erwarten, wenn das Unternehmen eine Form der organisierten Außenfinanzierung (Kreditbanken, Investoren, etc.) nutzt. Nachfolgend werden einige Schritte erläutert um sich der direkten und indirekten Pflicht zu nähern.

Zum besseren Verständnis des Vorgehens noch 2 grundlegende Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie-Verordnung:

  • taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeit: Alle Wirtschaftstätigkeiten die in der Taxonomie-Verordnung benannt werden, gelten als taxonomiefähig.
  • taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeit: Alle taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten die die technischen Bewertungskriteren für ein Umweltziel erfüllen und kein anderes Umweltziel “schädigen”, gelten als taxonomiekonform. Mit der Abgrenzung zwischen konform und nciht-konform, kann bspw. der Umsatz im Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit in einen taxonomiekonformen und einen nicht-taxonomiekonformen Betrag aufgeteilt werden. Vereinfacht ausgedrückt ergibt sich daraus der Umsatz mit einer “nachhaltigen” (taxonomiekonformen) Geschäftstätigkeit.

5 Schritte für CSRD-pflichtige Unternehmen des Mittelstandes hin zur Taxonomie-Berichtspflicht

Die nachfolgenden Schritte zeigen, wie ein CSRD-Pflichtiges mittelständiges Unternehmen den CSRD- und Taxonomie-Prozess von Anfang an verbindet. Die Schritte können inhaltlich vom Umweltteam aus den CSRD-Schritten übernommen werden.

  • Schritt 1: Wenn noch nicht vorhanden, ermitteln Sie für alle ausgeübten Tätigkeiten die zugehörigen NACE-Codes (= Kodierung von Wirtschaftstätigkeiten durch die europäischen Statistikbehörden). Unsere Erfahrung zeigt, dass bei der Ermittlung die Industrie- und Handelskammern eine große Hilfe sind.
  • Schritt 2: Durchsuchen Sie die Taxonomievorgaben für technischen Bewertungskriterien nach den jeweiligen NACE-Codes. Die technischen Bewertungskriterien zu den 6 Umweltzielen der Taxonomie finden sich in den jeweiligen Anhängen der Taxonomieverordnung. Wenn sich positive Treffer ergeben, dann bedeutet dies, dass die ausgeübte Tätigkeit taxonomiefähig ist.
  • Schritt 3: Wenn Schritt 2 keine Treffer ergibt, dann endet der Prozess an dieser Stelle. Dies bedeutet, dass keine ausgeübte Tätigkeit taxonomiefähig ist und deshalb auch keine weitere Prüfung auf Taxonomiekonformität erfolgen muss.
  • Schritt 4: Wenn Schritt 2 zu einem Ergebnis führt, muss jetzt für die jeweilige Tätigkeit die Taxonomiekonformität überprüft werden. Wir empfehlen ab hier die Verbindung mit dem Arbeitsteam-Prozess der CSRD. Beginnen Sie zuerst mit einer Tätigkeit die gesamte Taxonomieprüfung durchzuführen, um den Prozess zu erproben. Wir empfehlen hierfür die Nutzung des Taxonomie-Kompass. Für die Konformität wird zuerst geprüft, ob ein wesentlicher Beitrag zu einem Umweltziel erfolgt. Danach wird überprüft, ob eine erhebliche Beeinträchtigung eines anderen Umweltziels durch die Tätigkeit eintritt. Abschließend wird überprüft, ob die Tätigkeit mit den in der Taxonomie definierten sozialen Mindeststandards vereinbar ist.
  • Schritt 5: Für alle taxonomiekonformen Tätigkeiten werden 3 Kennzahlen ermittelt – Anteil an Umsatz, Betirebausgaben und Investitionen des Unternehmens.

2 Schritte für nicht-taxonomiepflichtige als Unternehmen des Mittelstandes hin zur indirekten Taxonomie-Berichtspflich

In unseren Beratungsaufträgen hat sich gezeigt, dass die indirekte Taxonomie-Berichtspflicht insbesondere aus Anfragen bzw. Anforderungen von Kapitalgebern entstehen. Anfragen von Kund*innen und Lieferanten zu konkreten Taxonomiekennzahlen kommen dagegen eher selten vor. Dies kann sich jedoch ab dem Jahr 2024 und besonders ab 2025 ändern, wenn die EU-Taxonomie auf alle CSRD-pflichtigen Unternehmen ausweitet. Die nachfolgenden Schritte sollen dabei helfen, frühzeitig zukünftige Anforderungen zu erkennen und sich dem Thema anzunähern.

  • Schritt 1: Durchführung der Prüfung auf Taxonomiefähigkeit, wie in den Schritten 1 und 2 für taxonomiepflichtige Unternehmen beschrieben.
  • Schritt 2: Wenn die Schritte zu einem positiven Ergebnis führen und demnach eine oder mehrere ausgeübte Tätigkeiten Taxonomiefähig sind, empfehlen wir den proaktiven Dialog mit den eigenen Kapitalgebern. Ziel des Dialogs ist es, Anforderungen der Kapitalgeber frühzeitig abzufragen. Wenn die Kapitalgeber die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen für taxonomiekonforme Tätigkeiten benötigen, dann folgen Sie bitte den Schritten 4 und 5 für taxonomiepflichtige Unternehmen.

CSRD und EU Taxonomie im Überblick

KategorieCSRDEU Taxonomie

Wann sind die Vorgaben in Kraft getreten?

> Am 05.01.2023 ist die CSRD in Kraft getreten

> Bis Juli 2024 wird die CSRD in das deutsche HGB umgesetzt und damit die Vorgaben des CSR-RUG von 2017 ersetzen

> Am 01.01.2022 ist die EU Taxonomie in Kraft getreten mit den Vorgaben für die beiden Umweltziele mit Klimaschwerpunkt

> Im Juni 2023 wurde dann die Erweiterung für die vier verbleibenden Umweltziele verabschiedet
Welcher primäre Zweck wird mit den Vorgaben verfolgt?> Vereinheitlichung der Berichterstattung und damit der Datengrundlagen zu Nachhaltigkeit bzw. der nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen

> Schaffung einer Informationsbasis für die Beurteilung durch Stakeholder und die interessierte Öffentlichkeit sowie für weitergehende Regulierungen und Verknüpfungen mit Förderprogrammen (Honorierung einer oder Anreiz für eine nachhaltige Entwicklung)
> Einheitliche Klassifizierung dazu, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig im Sinne der Taxonomie (taxonomiekonform) gelten

> Schaffung einer Informationsbasis für transparente Informationen zur Nachhaltigkeit von Kapitalströmen
Für wen gelten die Vorgaben?> Ab 2025 (mit erstem Berichtsjahr 2024) alle Unternehmen die den aktuellen Regelungen der nichtfinanziellen Berichterstattung unterliegen

> Ab 2026 (mit erstem Berichsjahr 2025) alle großen Unternehmen (unabhängig ihrer Rechtsform), d.h. Unternehmen welche 2 der 3 nachfolgenden Kriterien erfüllen – mehr als 50 Mio. € Umsatzerlöse, mehr als 25 Mio. € Bilanzsumme, mehr als 250 Arbeitnehmer*innen

> Ab 2027 (für das Berichtsjahr 2026) alle kapitalmarktorientierten KMU, d.h. Unternehmen welche nicht als Kleinstunternehmen einzuordnen sind (siehe §267a HGB) und für eigene Wertpapiere einen organisierten Markt in Anspruch nehmen oder die Zulassung dafür beantragt haben (siehe §264d HGB)

> hinzu kommen ab 2027 Regelungen für Nicht-EU-Unternehmen, welche an dieser Stelle nicht näher betrachtet werden
> Ab 2022 für alle Unternehmen die den aktuellen Regelungen der nichtfinanziellen Berichterstattung unterliegen (gemäß §289b HGB), d.h. Finanzmarktteilnehmer und Emitttenten von Finanzprodukten und Unternehmen des öffentlichen Interesses mit mehr als 500 Mitarbeitenden (gemäß §316a HGB und §264d HGB)

> Ab 2026 (für das Berichtsjahr 2025) alle großen Unternehmen, auf welche die Regelungen der CSRD anzuwenden sind

> Ab 2027 (für das Berichtsjahr 2026) alle kapitalmarktorientierten KMU, auf welche die Regelungen der CSRD anzuwenden sind
Welche Inhalte umfassen die Vorgaben?> CSRD-Richtlinie regelt die Änderungen in den bestehenden Vorgaben zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) und mit den ESRS wird der Berichterstattung ein einheitlicher Mindeststandard geben

> Vorgeben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung als Teil des Lageberichtes

Zusammenfassende Informationen für die inhaltliche Ausgestaltung der Berichterstattung nach ESRS:

> Vorgaben für die Nachhaltigkeitsstrategie inkl. detaillierter Nachhaltigkeitsziele

> Transparenzvorgaben für das Aufzeigen der definierten Rollen von Geschäftsführung und Aufsichtsgremien im Rahmen der Zielerfüllung und -kontrolle

> Regelungen für die Transparenz zur 1,5-Grad-Konformität des gesamten Geschäftsmodells

> Vorgaben zur Bewertung und Transparenz von tatsächlichen und potentiellen Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen sowie deren Prävention in vordefinierten Umwelt-, Sozial und Governance-Bereichen entlang der/den Wertschöpfungskette/n des Unternehmens (alle Inhalte sowie zu erfassenden Datenpunkte finden sich im Anhang zu den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung – ESRS)

> Regelungen dazu, wie mit Hilfe der doppelten Wesentlichkeitsbewertung die wesentlichen Risiken und Chancen identifiziert und begründet werden


Zusammenfassende Informationen für die inhaltliche Ausgestaltung der Berichterstattung nach LSME- und VSME-ESRS:

> LSME-ESRS: Standard für kapitalmarktorientierte KMU mit gleichem Grundaufbau wie die ESRS aber verminderter Anzahl an Datenpunkten

> VSME-ESRS: Standard für die freiwillige Berichterstattung durch KMU mit 3 grundlegenden Modulen (Modul 1: Basisinformationen; Modul 2: Informationen zu Strategien, Zielen und Maßnahmen und Modul 3: Weitergehende Nachhaltigkeitsinformationen)
> Regelungen dazu, auf welche Wirtschaftstätigkeiten die Taxonomievorgaben anzuwenden sind (Taxonomiefähigkeit)

> Regelungen dazu wie bei taxonomiefähigen Tätigkeiten zwischen taxonomiekonformen und nicht-taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten unterschieden wird (hierfür beinhaltet der Anhang zur Verordnung klare Regelungen, wie bspw. Energieerzeugung durch Solarzellen ist taxonomiekonform wenn durch die Erzeugung weniger als 100 g CO2/kWh entstehen)

> Regelungen dazu mit welchen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen über taxonomiekonforme Umsätze, Betriebsausgaben und Investitionen berichtet wird

> DNSH-Kriterien (Do No Significant Harm) um sicherzustellen, dass in Bezug auf ein Umweltziel taxonomiekonforme Wirtschaftsaktivitäten (bspw. Energieerzeugung durch Solarzellen) nicht andere Umweltziele erheblich negativ beeinträchtigt

> Regelungen zu sozialen Mindeststandards (grundlegende Sozial, Arbeits- und Menschenrechtsstandards), welche neben den DNSH-Vorgaben für einen taxonomiekonforme Wirtschaftsaktivität eingehalten werden müssen
Hilfsmittel und Links
> Deutschsprachige Version der Verordnung für die Berichtsstandards [Link] (Hinweis: Anhang 1 umfasst die detaillierten Vorgaben zu den einzelnen Standardabschnitten – Umwelt, Soziales, Governance)

> Entwurf des Berichtsstandards für kapitalmarktorientierte KMU (LSME-ESRS) [Link]

> Entwurf des Standards für die freiwillige KMU-Berichterstattung (VSME-ESRS) [Link]

> Informationspapier der EFRAG mit detaillierten Hinweisen zur Doppelten Wesentlichkeit [Link]

> Erklärvideo des Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung (RNE) zu den Inhalten der CSRD [Link]

> Alle Verordnungstexte in deutscher Sprache und Anhänge mit den technischen Bewertungskriterien für die 6 Umweltziele [Link]

> EU Taxonomie Kompass – Online Tool für die schnelle Recherche zu Taxonomievorgaben zur eigenen Wirtschaftstätigkeit [Link]

> Übersichtsseite des Umweltbundesamtes zur EU Taxonomie [Link]

> Übersichtsseite des Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung (RNE) zur Taxonomie [Link]
Stand zum Zeitpunkt des ArtikelsCSRD verabschiedet und Umsetzung in nationales Recht noch offen, ESRS verabschiedet, Hinweis-Papiere der EFRAG zu ausgewählten Themen, wie der Doppelten Wesentlichkeit liegen bisher nur im Entwurfsstatus vor (Link zum Entwurf), Standards für verpflichtende Berichterstattung von kapitalmarktorientierten KMU (LSME-ESRS) liegen im Entwurf vor, Standards für freiwillige KMU-Berichterstattung (VSME-ESRS) liegen im Entwurf vorEU Taxonomie und Vorgaben zu den 6 Umweltzielen sind verabschiedet, Erweiterung zu Sozialzielen noch in Arbeit und detaillierte Informationen liegen noch nicht vor
Tabelle: Überblick zu CSRD und EU Taxonomie

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Michael Jenkner
Themenbereiche Nachhaltigkeitsstrategie und -berichterstattung