Nachhaltigkeit in KMU: Personal als Erfolgsfaktor – Fünf Grundlagen, um Nachhaltigkeit in Unternehmen umzusetzen

Der nachfolgende Text ist eine gekürzte Fassung des 2023 veröffentlichten Buchbeitrags „Nachhaltigkeit in KMU: Personal als Erfolgsfaktor“ von Kiki Radicke (Leitung People & Culture, Adacor) und Steve Grundig (Nachhaltigkeitsberater bei plant values). Der Beitrag erschien im Sammelband „People Sustainability“ des Haufe Verlags: https://shop.haufe.de/prod/people-sustainability

Nachhaltigkeit in Unternehmen und die Rolle des Personalmanagements

Einen hervorragenden Zugang zu Führungskräften und Mitarbeitenden des Unternehmens hat das Personalmanagement bzw. HRM (Human Ressource Management). Das HRM kann so eine entscheidende Funktion für Nachhaltigkeit einnehmen, gerade wenn es kein*e Nachhaltigkeitsmanager*in oder nur schwach besetzte CSR-Abteilungen gibt.

Das HRM verfügt über die Mittel und Instrumente, die Mitarbeitenden für einen Wandel zu befähigen und die richtigen Grundlagen für Nachhaltigkeit im Unternehmen zu schaffen. Dazu gleich mehr.

Zusätzlich kommt dazu, dass das HRM selbst einige große Nachhaltigkeitshebel mit Blick auf die eigenen HR-Aktivitäten besitzt. Nachhaltigkeit sollte in HR-Instrumenten beachtet werden, bspw. wie umweltfreundlich Messebesuche gestaltet oder Schulungen organisiert werden. Ebenso sollten Bewerbungsprozesse auf Klimaimpacts oder Job-Benefits hin auf deren positiven oder negativen Folgen für die Umwelt geprüft werden.

Im Weiteren wollen wir darauf schauen, welche fünf Grundlagen geschaffen werden müssen, um Menschen im Unternehmen für nachhaltiges Handeln und für nachhaltiges Wandeln zu befähigen und zu begeistern.

Fünf Grundlagen, um Nachhaltigkeit in Unternehmen umzusetzen

Wir haben fünf Grundlagen identifiziert, um Nachhaltigkeit in die Köpfe, Herzen und Hände der Mitarbeitenden und Führungskräfte zu bringen. Das ist Voraussetzung für die langfristige Motivation und die Befähigung zum nachhaltigen Handeln.

1) Verständnis: Öffnen Sie den Blick für das große Ganze!

Verdeutlicht man allen Mitarbeitenden einleuchtend, was konkret Nachhaltigkeit für ihr Unternehmen bedeutet, lassen sich diese eher zur Verhaltensänderung motivieren. Sie werden dann auch eigene Ansätze im Sinne des nachhaltigen Handelns und Wirtschaftens entwickeln. Es ist wichtig, erkennbar zu machen, wo man selbst relevanten Einfluss auf Umwelt-, Sozial- und Gesellschaftsaspekte hat. Wo ist der Klimaimpact besonders groß? Wo lauern Gefahren für Menschenrechte oder Compliance-Verfehlungen? Das „Herunterbrechen“ auf Abteilungen oder die täglichen Arbeitsaufgaben hilft, den abstrakten Begriff Nachhaltigkeit für jede Person im Unternehmen anschaulich zu machen. Es schafft Verständnis. 

Mögliche Wege dafür sind:

  • In einem Leitbild können Unternehmen beschreiben, warum Nachhaltigkeit Bestandteil der Unternehmensgrundsätze ist und was das abgeleitet auf das eigene Arbeitsfeld bedeutet.   
  • Verbindung von Maßnahmen oder der eigenen Strategie zu den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der United Nations (UN) herstellen.
  • Infografiken oder Erklärvideos einbinden, um die Relevanz von Nachhaltigkeit und Handlungsfelder von Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen zu erklären.

2) Räume und Ressourcen: Stellen Sie Budget und Zeit zur Verfügung!

Es braucht Kapazitäten, um sich auf neue Aufgaben einzulassen und nachhaltige Initiativen zu entwickeln, umzusetzen und zu dokumentieren. Die Unternehmensführung ist gefordert, ausreichend Zeit und auch erforderliche Budgets zur Verfügung stellen. Nur so kann der Wandel vorangetrieben, nur so können Nachhaltigkeitsinitiativen erfolgreich implementiert werden.

Räume und Ressourcen können wie folgt geschaffen werden:

  • Bilden einer Nachhaltigkeits-Arbeitsgruppe aus verschiedenen Abteilungsmitgliedern, um ein Gremium zur Arbeit am Thema zu haben.
  • Awareness schaffen, indem Sie alle Mitarbeitenden aktiv einbeziehen, z.B. in Dialogveranstaltungen, in Schulungen und Workshops.
  • Strukturen etablieren, um die Implementierung nachhaltiger Maßnahmen zu koordinieren. Klären sie außerden die Verantwortlichkeiten.
  • Nachhaltigkeit zum Thema machen, bspw. als fester Agendapunkt bei Teamtreffs oder bei Strategieplanungen.

3) Fachwissen und Methoden: Vermitteln Sie Kenntnisse ins
und aus dem Unternehmen!

Nur wenn die Mitarbeitenden entsprechendes Wissen haben, können sie auf Herausforderungen im Betriebsalltag reagieren und fundierte Strategieentscheidungen treffen. Hier können bspw. Fachwissen, Methodenwissen, Kenntnisse über technische Ansätze oder soziale Fähigkeiten gefordert sein, um nachhaltiges Handeln im Betrieb zu fördern. Welches Wissen wo genau benötigt wird, ist in jedem Unternehmen sehr unterschiedlich. Die Bedarfserfassung und das Bereitstellen von Angeboten ist dabei eine zentrale Aufgabe des HRM.

Die Wissensvermittlung zum Themenkomplex Nachhaltigkeit kann über verschiedene Wege erfolgen:

  • Seminare, Trainings und Workshops rund um Nachhaltigkeitswissen, -fähigkeiten und -kompetenzen. 
  • Beiträge rund um Nachhaltigkeit über Ihre eigenen Kanäle zur internen Kommunikation, wie das Social Intranet, im Newsletter oder analog am schwarzen Brett, halten ihre Mitarbeitende auf dem Laufenden.
  • Interne Expertise aufbauen, d.h. eigene Spezialist*innen für Nachhaltigkeit ausbilden und inhouse-Berater*in positionieren.
  • Externes Fachwissen nutzen, bspw. mittels Coaching, Fachexpert*innen von Verbänden und Hochschulen oder durch Beratung zu Nachhaltigkeit.

4) Austausch und Hilfe: Nutzen Sie die reflektive Kraft des Gesprächs!

Wichtiger Baustein zum Gelingen ist ein Raum, in dem die Verantwortlichen ihre Erfahrungen teilen, Fragen stellen und Unsicherheiten reflektieren können. Wie meist bei Neuerungen können bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen, -projekten und -initiativen Widerstände entstehen oder bisher unbekannte Hürden auftreten. In solchen Situationen ist der Austausch mit anderen Personen, die sich in ähnlichen Situationen befanden oder befinden, sehr wertvoll. Gesprächspartner*innen helfen durch die Reflexion oder bringen den wertvollen Blick von außen ein.

Wege zum Austausch und für den Aufbau eines Hilfsnetzwerks können sein:

  • Netzwerke zu verschiedenen Unternehmensgremien oder zur Expertise der unternehmenseigenen Nachhaltigkeits-Arbeitsgruppe aufbauen.
  • externe Expert*innen von Verbänden, Hochschulen oder CSR-Beratungen, ins Boot holen und in Austauschformate einbinden.
  • interne Kommunikationsplattformen wie Intranets, Chat-Tools oder Online-Diskussionsforen nutzen.
  • informelle und formelle Austauschmöglichkeiten, z.B. Networking-Veranstaltungen zu Nachhaltigkeit oder Fachforen mit anderen Unternehmensvertreter*innen besuchen.

5) Arbeitsumfeld und Unternehmenskultur: Machen Sie den Wandel selbstverständlich!

Nachhaltigkeit erfordert oft ein Umdenken, ein Verlassen bisheriger Verhaltensmuster. Das Streben nach mehr Nachhaltigkeit in einem Unternehmen nimmt direkt Einfluss auf das Arbeitsumfeld und die Unternehmenskultur und umgekehrt. Es gibt Ausformungen der Unternehmenskultur, die nachhaltiges Handeln und Denken von Mitarbeitenden ermöglichen und fördern, jedoch ebenso welche, die das andererseits erschweren oder in letzter Konsequenz unterbinden.

Ausführlicher dazu lesen Sie im Blogbeitrag von plant values über Unternehmenskultur.

Nachhaltigkeitsverantwortliche müssen sich folglich bewusst sein, dass Nachhaltigkeitsambitionen und die Motivation der Mitarbeitenden im Keim erstickt werden, wenn Arbeitsumfeld und die Kultur eines Unternehmens eine gänzlich andere Ausrichtung haben. Es ist demnachzufolge wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem Nachhaltigkeit als grundlegender Wert anerkannt und Engagement für die Sache gefördert wird.

Fazit: Nachhaltigkeit braucht ein stabiles Fundament, das HRM kann dieses legen

Gerade in Unternehmen, ohne dedizierte Stelle oder spezialisierte Abteilung für das CSR- bzw. Nachhaltigkeitsmanagement, ist die Personalabteilung prädestiniert, um dieses Thema im Unternehmen zentral anzutreiben. In Unternehmen, wo es eine verantwortliche Nachhaltigkeitsstelle gibt, empfiehlt es sich, HR eng in die Umsetzung einzubinden. Die Etablierung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz und gelingt im Zusammenspiel verschiedener Bausteine – die fünf aufgezeigten Grundlagen.

Es braucht Verständnis, Raum und Ressourcen, Wissen, Austausch und Hilfe sowie eine Unternehmenskultur, die Nachhaltigkeit fördert.

Konsequent umgesetzte Nachhaltigkeit findet erst durchs HRM statt. Ohne die Menschen mit ihrer Motivation, ihren Fähigkeiten und dem Potenzial zur kreativen Entfaltung wird es für Unternehmen schwer, angestrebte nachhaltige Zielstellungen zu erreichen.


Der Buch "People Sustainability" auf einem Tisch. Foto by laba.de

Das Buch „People Sustainability“ erschien 2023 im Haufe Verlag. Es enthält die ungekürzte Textfassung. Mehr Infos und die Bestellmöglichkeit unter: https://shop.haufe.de/prod/people-sustainability

Fotos und Grafiken von Adacor und plant values (Portraitfoto von T.Schlorke, Präsentationsfotos von laba.de)

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