Klimawandel und Tourismus: Welche Regionen sind betroffen und was kann getan werden?

Der Tourismus trägt zum Klimawandel bei und ist gleichzeitig bedroht von ihm. Die Risiken für den Sektor sind bezeichnend. Es gibt aber auch Chancen. Wichtig ist, frühzeitig zu erkennen, wie sich das Klima in der Region verändert. Was können Destinationen und Tourismusunternehmen für Klimaanpassung tun? Der Artikel hilft außerdem zu verstehen, wie Klimaanpassung und Klimaschutz in Zusammenhang stehen.

Inhalt:

Vom Klimawandel betroffene Tourismusregionen

Globale Klimaveränderungen

Das Klima ändert sich weltweit, wie Wetterdaten zeigen. Auswirkungen sind vielerorts zu spüren, angefangen vom Gletscher- und Eisschwund in der Arktis einhergehend mit steigendem Meeresspiegel. Dieser führt zu einem Schwund an Stränden und bedroht besonders Inselstaaten und Küstenstädte. Bei einem Anstieg von 2 Grad Celsius sind aufgrund des einhergehenden Meeresspiegelanstiegs laut Berechnungen der UNESCO mehr als 15% aller Welterbestätten bedroht. Noch drastischer zeigt sich das Szenario, wenn alles Eis schmilzt. Simulationen hierzu hat die National Geographic aufgestellt (National Geographic, 2013) Daraus resultierende Fluchtbewegungen können zum Verlust von Tradition führen. Neben der Kultur ist auch die Biodiversität bedroht. Die Population in der Tierwelt ist in den letzten 50 Jahren um mehr als 2/3 geschrumpft, so der WWF Living Planet Report 2020. (Anmerkung der Redaktion: Klimawandel ist hierbei nur ein Grund). Davon sind Regionen weltweit betroffen, die an touristischem Potenzial verlieren.

Wie verändert sich das Klima in deutschen Tourismusregionen?

Klimaveränderungen zeigen sich auch in Deutschland. Klimaindikatoren, wie Jahresmitteltemperatur, Hitzeintensität, Extremwettertage, zeigen ein eindeutiges Bild. In Deutschland wird bspw. ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur um ca. 4 Grad bis 2100 und eine Vervierfachung der Hitzetage (> 30°C) gegenüber 1961-1990 prognostiziert. In einigen Destinationen haben sich die Hitzetage bereits zwischen 1961-1990 und 1990-2019 vervierfacht, so z.B. am Bodensee oder im Allgäu. In der Zugspitzregion sind die Schneetage im gleichen Zeitraum um 13 % zurückgegangen. An der Ostsee, der Mecklenburgischen Seenplatte und Städten wie Dresden ist die Temperatur um mehr als 1 Grad Celsius gestiegen zwischen 1961-1990 und 1990-2019. Bis 2100 sollen sich diese Indikatoren stark verschärfen. (Klimaveränderungen am Bodensee, im Allgäu, in der Zugspitz-Region, in Dresden, Ostsee, Mecklenburgische Seenplatte)

Klimawandel in Dresden in Zahlen
Klimaveränderungen Stadt Dresden (Klimainformationssystem, 2020)

Was bedeutet der Klimawandel für den Tourismus?

Reiseziele im Klimawandel

Warum ist es für Tourismusanbieter wichtig über Klimaveränderungen Bescheid zu wissen? Der Tourismus ist besonders sensibel gegenüber Wetter- und Klimaveränderungen. Bleibt der Schnee aus, fällt die Skisaison aus. Schauen wir nicht bis in die Alpen oder ins Erzgebirge (Studie „Schneesicherheit in Sächsischen Skigebieten nimmt ab“, 2020), sondern nach Dresden, so erkennen wir auch hier Veränderungen: Die Hochwasser 2002 und 2013 führten zu einem vollständigen Erliegen des Tourismus. In den Dürresommern 2018 und 2019 im Kontrast konnte die Dampfschifffahrt auf der Elbe aufgrund der niedrigen Pegelstände ihr Angebot nicht aufrechterhalten. Im Spreewald wiederrum nehmen Wasserqualität und Wasserstände in einem bedrohlichen Maße ab, dass bis heute zahlreiche Wasserstraßen und Kanäle nicht befahrbar sind. (Reihe „Savanne Oberlausitz“ Sächsische Zeitung, 2020) In der Sächsischen Schweiz wurde die Wegequalität aufgrund der Räumarbeiten mit Großmaschinen infolge des Borkenkäfereinschlags stark in Mitleidenschaft gezogen.

Folgen des Klimawandels für den Tourismus

Das Klima beeinflusst also den Tourismus in Form von Länge und Qualität einer Saison, Wasserqualität und Wasserständen in Gewässern, Biodiversität, Naturgefahren, Pollen und Krankheitserregern, wetter- und klimaabhängigen touristischen Aktivitäten sowie Kosten für Betrieb und Instandhaltung von touristischen Infrastrukturen.

Gleichfalls zeigt dies, dass Klimaveränderungen zum Verlust von touristischem Angebot führen können. Der Tourismus ist womöglich mehr als jede andere Branche auf ein funktionierendes ökologisches und soziales Umfeld angewiesen. Die Verletzlichkeit gegenüber Umweltschäden, den Folgen des Klimawandels, Sicherheitsproblemen und Gesundheitsrisiken ist besonders hoch. Letzteres sehen wir am aktuellen Beispiel. Der Tourismus muss sich also dem Klimawandel anpassen.

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Methoden und Best Practice zu Nachhaltigkeit ins Postfach

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Was braucht es für eine Klimaanpassung?

Klimaanpassungsprozess gestalten

Klimaanpassung identifiziert die Gefahren und kann damit Schäden minimieren. Im besten Fall können Tourismusunternehmen und Destinationen zu erwartende Veränderungen sogar zu ihrem Vorteil nutzen. Ziel sollte eine proaktive und langfristige Planung auf strategischer Ebene sein, welche sich in die Gesamtstrategie, z.B. einer Destination, einschmiegt. Dies impliziert, dass ein Klimaanpassungskonzept nicht losgelöst von bereits bestehenden Prozessen und Stakeholdern stehen sollte, sondern in einem integrativen Beteiligungsprozess erarbeitet und in einer Gesamtstrategie verankert werden sollte.  Der erste Schritt für den Prozess ist es, Potenziale und Risiken des Klimawandels zu identifizieren und daneben Stakeholder für das Thema zu sensibilisieren. So ist im nächsten Schritt eine gemeinsame Strategiearbeit auf Augenhöhe möglich. Im Anschluss ist es wichtig, die Strategie auszuführen. Darin festgesetzte Maßnahmen sollen gemeinsam umgesetzt werden. Die Ergebnisse sind in der Folge zu bewerten und darauf aufbauend Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln, z.B. durch nachhaltige Innovationen und neue ambitionierte Ziele.

1. Potenzial- und Riskoanalyse

Klimainformationssystem

2. Sensibilisierung der Akteure

IPCC Kernergebnisse zum Klimawandel im Tourismus

3. Strategie- und Maßnahmenplanung

Leitfaden Anpassung an den Klimawandel

4. Maßnahmenumsetzung

5. Messung, Bewertung und Verbesserung

Risiken und Potenziale des Klimawandels erkennen – Fragen für Destination und Leistungsträger

Tourismusunternehmen und Destinationen können ihre Chancen und Risiken zum Beispiel anhand folgender Fragen identifizieren:

  • Welche Folgen des Klimawandels sind vor Ort zu erwarten?
  • Wie wirkt sich das auf die Nachfrage aus?
  • Wie hoch ist das Klimarisiko bei Konkurrenten oder Konkurrenzregionen?
  • Welches ungenutzte Potenzial hat die Region?
  • Welche Zielgruppen müsste man für dieses Potenzial ansprechen?

Wo erhalten Sie Informationen zu den Klimaveränderungen in Ihrer Tourismusregion?

Die Grundlage einer Risiko- und Potenzialanalyse ist der Blick auf Historien und Prognosen der Klimaveränderungen in Reisegebieten. Dafür gibt es hervorragende Tools.  Diese stellen Informationen zu den Indikatoren zur Verfügung. Wir empfehlen das Klimainformationssystem (hier entlang), welchem die Messdaten des Deutschen Wetterdienstes zugrunde liegen. Es zeigt die mittleren klimatischen Veränderungen im Zeitvergleich in allen Tourismusregionen in Deutschland. Es erlaubt sowohl den Blick auf bisherige Klimaveränderungen als auch Voraussagen zu künftigen Entwicklungen. Ein weiteres wertvolles Tool ist das ReKIS (hier entlang). Dieses Regionale Klimainformationssystem ist speziell auf die Anforderungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zugeschnitten.

Klimawandel in der Tourismus-Region Mexiko
Starkregenereignisse in Mexiko (Genaro Servín von pexels)

Risiken für die Destination, wenn nichts getan wird

Nehmen wir das Beispiel Skigebiete zur Hand, wird schnell klar, was eine Nichtanpassung bedeutet. Die Wintertouristen erwarten Skipisten im Topzustand und ein winterliches Landschaftsbild mit schneebedeckten Bergen. Wird das Zielgebiet diesem Anspruch nicht gerecht, werden Reisende die Destination wechseln – und tun dies auch. Gefällt es ihnen heute nicht in A, fahren sie morgen nach B. Die Folge sind ausbleibende Gästezahlen bis hin zum wirtschaftlichen und sozialen Schaden der gesamten Destination einschließlich der Leistungsträger. Auch ökologische Folgen können enorm sein z.B. durch Biodiversitätsverluste oder zusätzliche Emissionen infolge von Beschneiung, welche den Klimawandel weiter anheizen. Daneben entsteht ein finanzieller Mehraufwand durch Versuch der Herstellung des Normal- oder Ursprungszustands, aber auch durch explodierende Versicherungskosten.

8 Maßnahmen zu Klimawandel im Tourismus

Maßnahmen zur Klimaanpassung

Lösungsansätze für eine Klimaanpassung können unterschiedlicher Natur sein. Dies hängt ganz von der antizipierten Klimaveränderung in der jeweiligen Tourismusregion ab. Sinkende Wasserstände machen andere Anpassungsmaßnahmen nötig als zunehmende Extremwetterlagen. Steigt beispielsweise die Jahresmitteltemperatur in einer Wanderregion, ergeben sich Potenziale, wie die Nutzung der Nebensaison. Hotels können dies in ihrem Marketing berücksichtigen, entsprechende Angebote stricken und so auf eine stabile Auslastung über das Jahr hinweg hinwirken. Dies kann positive Effekte auf das Personalmanagement intern und die Lenkung von Besucher*innen extern haben. Ist mit häufigeren Extremwetterlagen zu rechnen, bieten sich konsequenterweise bei Leistungsträgern Schulungen der Mitarbeitenden zum Verhalten in Krisensituationen an. Als Kommune oder Destinationsmanagementorganisation (DMO) können Notfallpläne Schäden und Risiken reduzieren. Wichtig ist ein holistisches Bild der Lage, um nicht Maßnahmenkonflikte zu forcieren. Beispielhaft können folgende Lösungsansätze einer strategischen Klimaanpassung dienen bei folgenden Klimaveränderungen:

Steigende Jahresmittel-temperatur

Nutzung der Nebensaison ausbauen

Outdooraktivitäten fördern und vermarkten

Zunehmende Extremwetterlagen

Hochwasserschutz und Überschwemmungsflächen erweitern

Krisen- und Notfallpläne erarbeiten

Sinkende Wasserstände und -qualität

Wasserrückhaltung und Wassereinsparung intensivieren

Renaturierung und Selbstreinigungskraft stärken

Abnehmende Schneetage

Neue Angebote schnüren und neue Zielgruppen ansprechen

Dynamischen Naturschutz fördern

Klimaanpassung und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen

Kurzfristig effektive, jedoch langfristig schädliche Lösungen, wie künstliche Beschneiung, sollten genau abgewogen werden. Diese können den Klimawandel weiter verstärken. Sie können die Destination sogar langfristig schädigen und noch intensivere Anpassungszwänge erfordern. Deshalb sollten sie als Lösung nicht in Betracht gezogen werden. Eine langfristige Anpassung hingegen schließt Klimaschutzziele mit ein. Der Klimaschutz ist ein wichtiges Instrument, um letztlich das ökologische und soziale Umfeld zu schützen, auf welches der Tourismus so stark angewiesen ist. Hierfür können Tourismusunternehmen und Destinationen Klimaschutz und Klimaanpassung kombinieren. Wie man Klimaschutz im Tourismus umsetzen kann, lesen Sie in unseren Blogartikeln Klimaschutz im Tourismus: 4 Strategien, die auf dem Weg helfen und Klimaschutz im Tourismus umsetzen: 40 wertvolle Maßnahmen.

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Franziska Kramer
Themenbereiche Nachhaltigkeitsstrategie und -berichterstattung

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