Mit der Wesentlichkeitsanalyse zum Stakeholderdialog

Die Wesentlichkeitsanalyse gehört zu den Basisinstrumentarien der Nachhaltigkeitsberichterstattung und bietet idealen Ausgangspunkt für einen Stakeholderdialog. Denn sie liefert Antworten auf die drei wichtigen Fragen bei der Bestimmung wesentlicher Nachhaltigkeitsaspekte (In Anlehnung an die Begriffsdefinition des Deutschen Nachhaltigkeitskodex):

  • Sichtweise der Stakeholder: Welche Nachhaltigkeitsaspekte haben besondere Relevanz für die Stakeholder des Unternehmens?
  • Perspektive aus dem Unternehmen: Welche Unternehmensaktivitäten haben besonderen Einfluss auf Nachhaltigkeitsaspekte aus Umwelt und Gesellschaft?
  • Perspektive auf das Unternehmen: Welche Nachhaltigkeitsaspekte aus Umwelt und Gesellschaft wirken sich heute oder zukünftig in besonderem Maße auf die Geschäftstätigkeit aus?

Für die Beantwortung der Fragen werden im Regelfall Expert*inneninterviews, viele Workshops sowie Befragungen mit internen und externen Stakeholdern durchgeführt. Im Rahmen dieses Prozesses wird dezidiert Input von Kund*innen und Kapitalgeber*innen bis hin zum Management und den Mitarbeiter*inneneinholt.

Inhalt

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Methoden und Best Practice zu Nachhaltigkeit ins Postfach

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Das weitreichende Potenzial der Wesentlichkeitsanalyse für den Stakeholderdialog nutzen

Aus dem Analyse- und Erhebungsprozess ergibt sich damit ein sehr großer Datenfundus. Dieser bietet neben der Nutzung für die Nachhaltigkeitsberichterstattung noch viele weitere Potentiale. Je nach Befragungsdesign können dadurch detaillierte Auswertungen mit Blick auf einzelne Stakeholdergruppen und / oder Nachhaltigkeitsaspekte durchgeführt werden.

Die nachfolgende Grafik zeigt beispielhaft die Relevanzverteilung des Nachhaltigkeitsaspektes „Wasserverbrauch in der Produktion“ in einem Industrieunternehmen für diverse interne und externe Stakeholdergruppen. Es wird ersichtlich, dass das Thema insbesondere von der Gruppe der Kapitalgeber*innen als besonders relevant für ein verantwortungsvolles Unternehmen eingestuft wird. Diese Erkenntnis kann gezielte Verwendung in Stakeholder*innendialogen finden. Die Einsatzmöglichkeiten der Ergebnisse aus der Wesentlichkeitsanalyse gehen also weit über die Verwendung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung hinaus.

Darstellung des Teils der Wesentlichkeitsanalyse zum Thema "Wasserverbrauch in der Produktion" und die Gruppen für einen Stakeholderdialog
Darstellung der Relevanzverteilung zum Thema “Wasserverbrauch in der Produktion” aus einer Beispiel-Wesentlichkeitsanalyse

Stakeholderdialoge als Win-Win für alle Seiten

Die Wesentlichkeitsanalyse hilft also den Stakeholderdialog systematisch zu konzipieren. Der Begriff Stakeholderdialog beschreibt kurz gesagt eine Vielzahl von Formaten, um den offenen Austausch zwischen internen und externen Stakeholdern zu ermöglichen. Bei der Gestaltung dieser Dialoge gilt es entsprechend vier Fragen zu beantworten.

  • Welches Thema wird den Kern des Dialogs darstellen?
  • Welche Stakeholdergruppen sollten teilhaben?
  • Welches Format bietet die beste Erfolgswahrscheinlichkeit?
  • Welche Mehrwerte sollen für alle Seiten entstehen?

Für die Beantwortung der ersten beiden Fragen kann schließlich die Wesentlichkeitsanalyse einen wichtigen Input liefern. Auch die Fragen Nr. 3 und Nr. 4 beantworten wir im Folgenden aus unseren Beratungserfahrungen.

Gegenüberstellung der wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen mit den Stakeholdergruppen in einer Matrix

Die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse ermöglichen es allen befragten Stakeholdergruppen die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte gegenüberzustellen. Die Aufbereitung in Form einer Matrix bietet sich dementsprechend an. In der nachfolgenden Abbildung ist eine beispielhafte Stakeholder-Aspekte-Matrix dargestellt. Die dort sichtbaren Einfärbungen zeigen auf, welche Themen für die jeweilige Stakeholdergruppe von hoher, mittlerer oder geringer Relevanz sind. Dadurch leitet sich ab, welche Aspekte in großen Dialogen mit Repräsentanten aller Stakeholdergruppen sein müssen – und welche in individuelleren, kleineren Dialogformaten mit einzelnen Stakeholdergruppen diskutiert werden können.

Stakeholder-Aspekte-Matrix zur Einordnung von Themen aus der Wesentlichkeitsanalyse
Darstellung einer Stakeholder-Aspekte-Matrix mit Einordnung von drei Nachhaltigkeitsthemen

Dialog mit einer Vielzahl von Stakeholdern (Multi-Stakeholderdialog)

Die Wesentlichkeitsanalyse liefert dem Stakeholderdialog neben den Inhalten noch weitere Informationen. Ein Dialog mit diversen Stakeholdergruppen ist notwendig, wenn die Wesentlichkeitsanalyse zeigt, dass ein Thema für Viele eine hohe Relevanz hat. Hinzu kommt, dass Unternehmen sollte zu diesem Thema ungelöste Herausforderungen haben und sich offen für Lösungsideen zeigen.

Die wichtigsten Punkte zum Dialog mit einer Vielzahl von Stakeholdern im Überblick:

  • Themensetzung aus den Relevanzeinschätzungen in der Wesentlichkeitsanalyse ableiten.
  • Neben für die Wesentlichkeitsanalyse befragten Stakeholdergruppen auch Vertreter*innen von nicht-befragten Betroffenen zum Dialog einladen.
  • Möglichst barrierefreie Formate in Form von rein digitalen oder hybriden (digital und in Präsenz) Veranstaltungen nutzen.
  • Wissen und Erfahrungen der Stakeholder nutzen, um Lösungen zu entwickeln und / oder Problemfelder besser zu verstehen.
  • Nachhaltige Implementierung des Dialogs durch die Kombination aus großen Dialogforen und unterjährig agierenden Austauschformaten bspw. durch Beiräte.

Das richtige Thema festlegen und den passenden Teilnehmer*innenkreis einladen

In der dargestellten Beispielauswertung zeigt sich, dass das Thema der „Diversität“ ideal für einen großen Stakeholderdialog ist. Es hat schließlich hohe Relevanz für interne und externe Stakeholder. Es bietet sich daher an den Teilnehmer*innenkreis möglichst weit zu öffnen. Wichtig ist, dass der Teilnehmer*innenkreis neben Repräsentant*innen der befragten Stakeholdergruppen auch nicht-befragte Betroffene umfasst, wenn die Unternehmensaktivitäten auf sie direkt oder indirekt einwirken. Dies können bspw. Repräsentant*innen von indigenen Völkern, Arbeiter*innenbewegungen oder Wissenschaftler*innen sein. Im konkreten Beispielfall des Themas „Diversität“ wären bspw. Repräsentant*innen von LGBTI*-Organisationen und Religionsverbänden sowie Expert*innen für Inklusion notwendig.

Der Summit als passendes Format für einen großen Stakeholderdialog

Als Format für einen Dialog mit einer Vielzahl von Stakeholder bieten sich große Veranstaltungsformate mit vielen kleinen Themenräumen, aber auch Raum für den themenübergreifenden Austausch an. Die Umsetzung kann in Form eines Summits erfolgen. Bei diesem haben die Teilnehmer*innen dann die Möglichkeit die Themen für die Themenräume selbst einzubringen und festzulegen. Dadurch erfolgt keine Vorprägung der Veranstaltung durch das einladende Unternehmen und Offenheit für eine Vielzahl möglicher Themen prägt die Veranstaltung. Nur die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse begrenzen die Möglichkeiten der Themenräume.
Um einen möglichst barrierefreien Zugang zu dem Dialog zu ermöglichen, sind stets hybride Format (Zugang digital und in Präsenz) oder rein digitale Formate zu bevorzugen. Hierdurch können Teilnehmer*innen unabhängig von ihrer Mobilität und geografischen Entfernung teilnehmen. Für die Umsetzung bieten sich Tools wie wonder.me an.

Ein breites Spektrum an Mehrwerten ist möglich

Je nachdem welcher Mehrwert erreicht werden soll, können die Themenräume in verschiedenen Workshopformaten organisiert werden. Ziele können bspw. die Ideenfindung für bislang ungelöste Herausforderungen des Unternehmens oder die Erweiterung des Problemverständnisses sein. Bei letzterem nehmen Vertreter*innen des Managements eine zuhörende und fragende, jedoch nicht argumentierende Rolle ein. Die Repräsentant*innen der anderen Stakeholdergruppen schildern ihr Problemverständnis, ihre positiven und negativen Erfahrungen sowie Lösungsansätze, welche sie aus anderen Fällen kennen.

Unabhängig davon, welcher Mehrwert im Fokus steht, ist es wichtig zu beachten, dass es bei einem Stakeholderdialog nicht um eine Präsentation des Unternehmens zu Imagezwecken geht. Um den Mehrwert nachhaltig zu erzeugen, ist es wichtig den Stakeholderdialog wiederkehrend zu verankern, bis ein gesetztes Ziel erreicht ist. Hierfür ist die Komplementierung eines jährlichen Dialogforums durch Institutionen wie einen Diversitätsrat als unterjähriges Austauschformat sehr zu empfehlen. Problemdiskussionen, Erfahrungsaustausch und die Entwicklung von Lösungen können dadurch kontinuierlich erfolgen. Um die Akzeptanz des „Beirates“ bei allen Stakeholdergruppen zu verbessern, kann das jährliche Dialogforum auch als Wahlveranstaltung dienen. Die Stakeholdergruppen wählen somit direkt die Mitglieder*innen des „Beirates“.

Dialog mit einzelnen, wenigen Stakeholdergruppen

In unserem Beispielsauszug zur Wesentlichkeitsanalyse und Stakeholderdialog eines Industrieunternehmens wird ersichtlich, dass das Thema „Wasserverbrauch in der Produktion“ insbesondere für die Gruppe der Kapitalgeber*innen von hoher Relevanz ist. Der Teilnehmer*innenkreis für den Dialog ist somit deutlich leichter einzugrenzen. Auch hier ist es jedoch wichtig, sich nicht allein auf befragte und damit in der Regel mit dem Unternehmen bereits verbundene Stakeholder*innen zu konzentrieren. Auch potenzielle Kapitalgeber*innen sind zu berücksichtigen.

Die möglichen Formate für den Austausch mit Vertreter*innen weniger Stakeholdergruppen sind vielfältig. Die Bandbreite reicht von kleinen Kongressen, über individuelle Interviews bis hin zu regelmäßigen digitalen Coffee Talks. Die Auswahl der passenden Kombination hängt somit sehr stark vom zu erreichenden Mehrwert ab. Unsere Erfahrungen zeigen, dass ein Vorgehen mit folgenden drei Schritten ein hohes Maß an Erfolg verspricht.

Drei Schritte von der Wesentlichkeitsanalyse zum Stakeholderdialog, um das passende Format zu finden

Schritt 1: Befragung der Stakeholdergruppe, um tiefergehende Informationen zu ihrer besonders ausgeprägten Relevanzeinschätzung in der Wesentlichkeitsanalyse zu erhalten. Konkret bedeutet dies die Kapitalgeber*innen zu befragen, ob das Thema „Wasserverbrauch in der Produktion“ bspw. in Ratingverfahren, Negativlisten oder Ressourcenbilanzierungen einfließt.

Schritt 2: Bestehende Herausforderungen des Unternehmens im Bereich „Wasserverbrauch in der Produktion“ aufbereiten. Hierauf aufbauend interaktive Formate entwickeln, welche das Ziel haben, die Erwartungen und Erfahrungen der Stakeholder zu nutzen, um die Herausforderungen positiv zu beeinflussen.

Schritt 3: Auf Basis der Ergebnisse aus Schritt 1 und 2 das passende Dialogformat auswählen. Workshops (analog oder digital) eignen sich, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Dies bietet sich an, wenn das Unternehmen im jeweiligen Nachhaltigkeitsthema vor ungelösten Herausforderungen steht. Alternativ auch dann, wenn die Stakeholder mit bisherigen Lösungsansätzen nicht zufrieden sind. Dagegen sind Kurzzeitformate, wie Coffee Talks, besonders gut, um einen regelmäßigen Austausch zu etablieren. Eine Durchführung als sogenannte After-Lunch-Events mit etwa 30 Minuten Dauer erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Die Kombination aus intensiven zwei- bis drei-stündigen Workshops und monatlichen Coffee Talks hat sich als besonders vielversprechend herausgestellt.

Von der Wesentlichkeitsanalyse zum Stakeholderdialog, zur Nachhaltigkeitsstrategie, Produktentwicklung und anderen Einsatzfeldern

Der Datenfundus der Wesentlichkeitsanalyse lässt sich noch in vielen weiteren Strategie- und Entwicklungsprozessen im Unternehmen einsetzen. In diversen Fortsetzungen zu diesem Artikel werden weitere Anwendungsfälle thematisiert. Im ersten Folgeartikel erläutern wir den Übergang von der Wesentlichkeitsanalyse in die Nachhaltigkeitsstrategie. Dem schließt sich ein Artikel an, wie die Analyseergebnisse im Rahmen der Produktentwicklung eingesetzt werden, um negative Umwelt- und Sozialauswirkungen zu reduzieren.

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Michael Jenkner
Themenbereiche Nachhaltigkeitsstrategie und -berichterstattung

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